Verbotene Liebe, 7: Ansgar
Von Silvia Szymanski // 7. April 2011 // Tagged: TV // Keine Kommentare
Dieser sich eitel aufspielende, ruchlose Mann, der geschäftlich und privat seine Familie terrorisiert, die seit vielen Jahren auch die meine ist… er gilt, wie sein Vorbild J.R. Ewing („Dallas“), als erotisch, doch warum? Weil wir mit ihm eingesperrt sind?
Man kennt das aus Firma, Anstalt, Schule: So lange man da nicht raus kann, kommt man an den dort Herrschenden nicht vorbei. Man ist gezwungen, sich mit ambivalenten, manipulativen Autoritäten auseinanderzusetzen. Der erotische Thrill, den das erzeugen kann, ist Thema einiger Märchen, in denen sich das Opfer in seinen Entführer, Aggressor oder Mörder verliebt (La Belle et la Bete, Scheherazade, der fliegende Holländer). Auch Organisatoren von Zwangsehen spekulieren hoffnungsvoll auf den Effekt bei ihren zu verkuppelnden Familienmitgliedern. Wie stimmt man einen bösen Mann um? Braucht er vielleicht nur wahre Liebe? Ehrgeizig macht man sich seine Verzauberung zur Aufgabe. Nicht nur, um verschont zu werden oder sich das Unerträgliche schön zu denken. Es geht auch darum, jemanden vom Sockel zu holen, dessen ungute Dominanz einen beunruhigt. Man möchte ihn auf Augenhöhe bringen, zum Erliegen und zum Schmelzen. Man vermutet hinter seiner Fassade etwas Rührendes, eine Art Seele. Eva Braun mag das bei Hitler gesucht haben: diese entspannte Vertrautheit nach dem Sex, abseits der Rollen und Regeln. Den einfachen Zauber der Natürlichkeit jenseits der Machtverhältnisse.
Von solchen Motiven getrieben, haben sich in den letzten Monaten zwei Frauen an Ansgars Läuterung aufgerieben: Nathalie und Lydia. Sie scheiterten, und er fiel wieder auf die böse Tanja zurück, die er kürzlich mit den Worten „Na komm, wir sind doch aus demselben Holz“ zurückgewinnen wollte – etwas, das man schon Rhett Butler zu Scarlett O`Hara sagen gehört hat.
Dennoch oder vielmehr deswegen dürfte Ansgar die beliebteste Figur in VL sein. Manche haben einfach nur Spaß an seiner provokanten Arroganz. Aber man ist auch nun mal ergriffener, wenn aus einer feste ins Böse abrutschenden Figur manchmal die Sehnsucht nach Einsicht und Umkehr aufblitzt, als wenn sich einer kontinuierlich was auf seine Rechtschaffenheit einbildet. (Wie manche von Lahnsteins, die Ansgar offen ihre Verachtung zeigen.) Zuschauer sind da wie der biblische Vater in der Geschichte vom verlorenen Sohn. Es bibelt sowieso im Hintergrund der Verbotenen Liebe, ich muss da später noch einmal genauer gucken. Schließlich sind z.B. die VL-Vater-Sohn-Konflikte unverkennbar von bibelfesten Hollywood-Dramen wie „Giganten“ und „Jenseits von Eden“ inspiriert.
Man sieht, der Bruder-Pfarrer aus Kollege Hecks Kommentaren letztens lässt mich noch nicht los. Und nächsten Donnerstag werde ich wieder grübelnd an dieser Stelle stehen.
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